„Ihr seid die Zukunft des Theaters"
Mit viel Offenheit und Charme konnte der neue Intendant der Burgfestspiele Mayen Daniel Ris am Dienstag, den 4. April die Deutsch-Kurse der MSS 11 für seine Arbeit hier in Mayen interessieren und für den Theaterbetrieb begeistern.
Foto: gw
So betonte er, das Theater sei für ihn einer der letzten Orte, an dem man gemeinschaftlich Gefühle erlebe. Das gebe es sonst vielleicht nur noch beim Fußball, erklärte er augenzwinkernd. Das Theater bezeichnete er ganz im Sinne Lessings als einen Ort Mitgefühl zu üben. Das Freilichttheater biete dabei die Möglichkeit einer Nähe zwischen Schauspieler und Zuschauer, die weder im Film noch in einem normalen Theater möglich ist. „Man ist unter demselben Himmel", so Ris, das mache es zu einem solidarischen Erlebnis.
Bei der Vorstellung seiner Arbeit betonte der neue Intendant, dass er sich die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen auf die Fahne geschrieben habe: „Ihr seid die Zukunft des Theaters!" Das zeigt sich nicht nur in der diesjährigen Stückauswahl: Mit „Tschick" wird zum ersten Mal ein Jugendstück in Mayen auf die Bühne gebracht, Schillers „Kabale und Liebe" als ein bürgerliches Trauerspiel des Sturm und Drang knüpft eng an den Stoff der MSS 11 an. Ris kam zudem direkt mit den Schülerinnen und Schülern in einen Dialog, die er unermüdlich dazu animierte, Fragen zu stellen.
Und Fragen kamen reichlich: Wie erfolgt die Auswahl der Stücke? Standen für die Auswahl in diesem Jahr Alternativen im Raum? Wie werden die Schauspieler und Schauspielerinnen ausgewählt? Inwieweit haben sie Handlungsfreiheit bei der Interpretation ihrer Rolle? Wie schafft man es, so viel Text auswendig zu lernen? Wie lange wird geprobt? Was passiert, wenn ein Schauspieler krank wird? Und was ist, wenn sich während der Proben herausstellt, dass ein Schauspieler doch nicht geeignet ist?
Viele Fragen galten natürlich „Kabale und Liebe", mit dem sich die Schülerinnen und Schüler schon im Unterricht beschäftigt haben. Auf die Frage nach der Aktualität dieses Stoffes verwies Ris zum einen auf den Eltern-Kind-Konflikt, der sicher nie an Brisanz verliert, und zum anderen betonte er die unglaubliche Leidenschaftlichkeit der von Schiller geschaffenen Figuren, die das Stück so faszinierend mache.
Und das Interesse von so manchem Schüler ging noch weiter: So wurde die Frage gestellt, was man mitbringen müsse, wenn man Schauspieler werden wolle. Neben einer hohen Imaginations- und Konzentrationsfähigkeit als besondere Fähigkeiten verwies Ris auch auf Probleme wie hohe Arbeitslosigkeit und schlechte Bezahlung, mit denen man als Schauspielerin und Schauspieler zu kämpfen habe. „Wenn ihr Schauspieler werden wollt, aber eine Alternative habt, dann lasst es!" Wichtig sei da schon ein unbedingter Wille, der auch ihn angetrieben habe.
Auf alle Fragen, auch auf sehr persönliche, antwortete Ris offen, anekdotenreich und fesselnd. Die MSS 11 kann nun mit viel Hintergrundwissen dem Besuch der öffentlichen Generalprobe von „Kabale und Liebe" am 9. Juni entgegensehen. Ris hofft, dass sich die Schülerinnen und Schüler gut unterhalten, vielleicht sogar emotional berührt von dem Stück fühlen. So forderte er sie auf: „Wenn ihr euch langweilt, schickt mir eine E-Mail!"
(bt)
Fotos Jasmin Franz:
Der Wochenspiegel berichtete in der Ausgabe vom 3.5.2017 (mit freundlicher Genehmigung des Weiss-Verlags):