Out of Africa - unsere Reise zur Partnerschule St. Clara Girls' Secondary School in Tansania

Unser Weg zur Partnerschule
Es wird langsam hell, als wir in den Weg zu unserer Partnerschule, der St. Clara Girls' Secondary School, einbiegen. Bisher verlief unsere dreistündige Fahrt vom Flughafen Kilimandscharo Airport bis nach Same, dem kleinen Marktstädtchen in den südlichen Pare-Bergen im Nordosten Tansanias, über geteerte Straßen, nun rumpeln wir auf einer Sandpiste, die man als Schneise in die Savannenlandschaft geschlagen hat, weiter, unserer Partnerschule entgegen. Immer wieder versinkt der vordere Teil des Wagens in tiefen Erosionsrinnen und wir sind froh, dass unser Fahrer Lucas weiß, wie er sein Fahrzeug hindurchlenken muss. Es ist sehr trocken, das sieht man an den grauen Sträuchern, die den Weg säumen. Schließlich beginnt die Regenzeit erst Ende Oktober.

Plötzlich wird der Blick auf die Schule und das sie umgebende Farmgelände frei. Die schiere Größe des Projektes überrascht uns. Das hatten wir uns viel kleiner vorgestellt. Endlich erreichen wir das Eingangstor der Schule, die auf einem Hügel liegt. Es soll nicht die letzte Gemeinsamkeit sein, die wir zu unserer Heimatschule entdecken. 450 Mädchen der Jahrgangsstufen 7 - 10 leben und lernen an diesem Ort, der wie eine kultivierte Insel in der Weite dieser Hochebene liegt. Die nächsten Nachbarn gehören zum Volksstamm der Massai und leben in einem kleinen Dorf nur wenige Meter unterhalb des Schulgeländes. Viele der Schülerinnen stammen aus der Hauptstadtregion. Ihre Eltern zahlen Schulgeld, so dass sich das Internat nahezu selbst trägt. Geleitet werden Schule und Internat von Schwestern des Ordens „Little Sisters of St. Francis". Fünf bis sieben Schwestern leben ständig hier, um das Projekt zu betreuen, zudem bilden sie Novizinnen aus, junge Frauen, die sich nach zweijähriger Unterweisung entscheiden können, ob sie dem Orden als Nonnen beitreten möchten.

Die Grundschule der Massai-Kinder
Neben der weiterführenden Schule, die von Sister Stella geleitet wird, ist die Grundschule St. Michael im nahe gelegenen Massai-Dorf ein Herzensprojekt von Sister Aquillina, der guten Seele der Gemeinschaft. 140 Kinder - Mädchen und Jungen - besuchen die Schule. Dort bekommen sie auch eine Mahlzeit, manchmal die einzige am Tag. Die Massai sind arm, oft gibt es nicht genug zu essen.
Bei unserem Besuch kommen die mitgebrachten Bleistifte und Luftballons gut bei den Kindern an.

Das Schulgelände
Zurück in St. Clara passieren wir auf unserem Rundgang durch die Schule Wassertanks, Solarzellen, große, saubere Gebäude, riesige Felder, alle ordentlich bewirtschaftet und mit Wasser aus den Bergen bewässert. Zwei Unterrichtsgebäude, ein Block mit Chemieräumen, drei Schlafsäle, ein Wirtschaftsgebäude mit im Wind flatternder Wäsche, eine Küche (ganz einfach, aber sauber, gefüllt mit Bergen an geschnittenem Kohl - das gibt es an diesem Tag zu Mittag), ein Toilettenblock, die Mehrzweckhalle. Dazwischen laufen Hunde (bewachen die Schule in der Nacht) und Esel (lassen einen in der Nacht nicht schlafen).

Gerade werden vom Biologielehrer einige Pflanzen zur Verschönerung des Geländes gepflanzt, am Samstag findet die Graduierungsfeier der Abschlussklasse statt. Die Eltern aller Schülerinnen werden erwartet. Ein „Tag der offenen Tür" - da klingelt doch was. Für die Jugendlichen ist das ein wichtiger Tag, denn schließlich fahren sie im Jahresverlauf nur zwei Mal für jeweils vier Wochen nach Hause. Entsprechend groß ist die Aufregung.

Leben in St. Clara
Ca. 120 Schülerinnen bewohnen einen Schlafsaal, der durch nach oben hin offene Trennwände in kleinere Abteile eingeteilt ist. Auf jedem Bett liegt ein Koffer mit den persönlichen Sachen der Mädchen, Schränke gibt es nicht. Die Waschräume werden uns nicht gezeigt. Auffällig hier wie auch in allen Gebäuden ist die Sauberkeit. Ständig wird geputzt, Vieles müssen die Schülerinnen selbst machen. Das Reinigen der Mehrzweckhalle mit Reisigbesen, Wassereimer und altem Pullover als Putzlappen ohne Schrubber dauert da schon mal volle zwei Stunden.

Alle Schülerinnen tragen saubere Schulkleidung. Brauner Rock, brauner Pullunder, weiße Bluse oder Schulshirt, weiße Socken und schwarze Schuhe gehören zur einheitlichen Schuluniform. Mit Edding haben die Mädchen ihre Namen auf die Kleidung geschrieben, damit sie diese nicht vertauschen. Die Blusen sind strahlend weiß, mit Seife und kaltem Wasser an der Wasserstelle geschrubbt. Alle Schülerinnen haben kurze Haare, das ist praktisch und hygienisch. Allerdings sehen viele von ihnen auch jungenhaft aus, viel Raum für Individualität bleibt nicht - vielleicht durch eine Uhr, ein Armband, eine Kette.

Jede Schülerin hat ihren Stuhl, auf der Rückseite ist ihre Schulnummer vermerkt. Findet eine Veranstaltung in der Mehrzweckhalle statt, trägt sie ihn dorthin und auch wieder zurück in den Klassenraum. In der Halle findet der sonntägliche Gottesdienst statt, im Alltag wird hier an langen Holztischen und - bänken sitzend gegessen. Jede hat ihren Plastikteller und -becher, an der Waschanlage draußen werden diese sofort nach dem Essen ausgespült und wieder an den Platz gestellt. Zur morgendlichen Pause gibt es Brot und Tee aus Plastikeimern.
Ausgewählte Schülerinnen übernehmen als Präfekten wichtige organisatorische Arbeiten, so dass der Schulalltag ruhig und ordentlich abläuft.

Der Unterricht
Die nächsten Tage stehen ganz im Zeichen des Unterrichts. Mr. Beda, ein junger Kollege, welcher „Civics" unterrichtet und für die Disziplin an der Schule zuständig ist, wird uns als Ansprechpartner zugeteilt. Er ist ein zurückhaltender, freundlicher Mann mit einem guten Draht zu den Schülerinnen. Das macht ihn sehr sympathisch.
Zunächst hospitieren wir im Unterricht eines jungen Geografielehrers, der gerade das Thema „Karst" behandelt. Gemeinsam mit 45 Schülerinnen sitzen wir im Klassenraum, die Fenster sind offen, Vögel fliegen schon mal in den Raum hinein und wieder hinaus - und es ist furchtbar heiß. Die Mädchen der Form 2 sitzen an kleinen Einzelpulten, sie haben ein Buch, ein Heft, Stifte, sonst nichts. Gelehrt wird im Frontalunterricht, wenn die Mädchen eine Frage beantworten, stehen sie jeweils auf. Das kostet Zeit. Inhaltlich ist der Unterricht stark reproduktiv angelegt, die Jugendlichen wiederholen, was sie im Buch gelesen haben. Wichtige Erkenntnisse werden an der Tafel notiert und ins Heft abgeschrieben. Es geht darum, die Fakten zu wissen und wiedergeben zu können, so wie es in der zentralen Abschlussprüfung des Ministeriums gefordert wird. Der Stoff wird gelernt und wiedergegeben, aber wird er auch durchdrungen, verstanden?

Uns fallen die vielen Kleinigkeiten auf, die man von zuhause kennt. Einige Mädchen sind müde, andere werfen Zettel hin - und her, immer mit einem scheuen Lächeln in unsere Richtung. Tja, und einige der Mädchen sind richtig gut. Dies merken wir, als wir in den nächsten Tagen selbst unterrichten dürfen. So wie wir uns an die Anzahl von 50 Schülerinnen in einem Raum gewöhnen müssen, sind diese mit unserer freieren, handlungsorientierten und auf Selbstständigkeit zielenden Art des Unterrichtens nicht vertraut. Aber der Unterricht klappt mit diesen Methoden und unterschiedlichen Sozialformen erstaunlich gut und schnell sind die ersten Dialoge in deutscher Sprache gelernt, findet in Geografie ein interkultureller Austausch statt. Dies hat zur Folge, dass wir in den folgenden Tagen stets auf Deutsch begrüßt werden, wenn wir die Schule betreten.

An diesem Tag positionieren sich nach der Teepause alle 450 Schülerinnen in der Halle. Sie dürfen uns Fragen stellen. Zunächst fragt aber niemand etwas. Scheu blicken uns die Mädchen an. Dann gehen zaghaft die ersten Finger nach oben und ein Mikrofon wird gereicht. Die ersten Fragen drehen sich um die Größe unserer Schule, den Unterricht, die Notengebung. Die Mädchen staunen, dass es keine Schuluniformen gibt. Und dann fragt eine, wie teuer die Schulbildung für Kinder in Deutschland ist. Als wir ihnen sagen, dass es in Deutschland nur wenige Internate gibt, alle Kinder in die Schule gehen müssen, da Schulpflicht besteht, und der Besuch der Schule für jedes Kind kostenfrei ist, brandet spontan Beifall auf. Das ist toll! Jedes Kind hat die Möglichkeit, zur Schule zu gehen. Jetzt ist der Bann gebrochen. Die Fragen prasseln nur so auf uns ein und es sind intelligente, auch kritische, richtig gute Fragen zur Schule, zur Wirtschaft, zum Leben in Deutschland. 1 1/2 Stunden geht das so, viel länger als geplant, dann müssen die Schülerinnen wieder in den Unterricht zurück. Nur die Mädchen, die eine Brieffreundschaft haben, bleiben zurück und erhalten ihre Briefe von uns, die wir im Koffer mit nach Tansania gebracht haben. Glücklich sind sie und die, welche dieses Mal keinen Brief erhalten haben, warten sehnsüchtig weiter auf ihre Antwort. Die schönen Mappen, die einige unserer Schülerinnen gemacht haben, werden bewundert, auch die Bilder eines Fotobandes über Mayen, den wir mitgebracht haben, wollen die Jugendlichen genau erklärt haben. Schnee - das ist ein Phänomen, das die meisten nicht fassen können. Das würden alle doch mal gerne sehen. Ob sie auch mal nach Mayen kommen dürfen? Nun, vielleicht bekommen wir das hin.

Gedanken zur Partnerschaft
Wieder füllen über 90 Briefe unsere Koffer und finden ihren Weg nach Mayen. Auch an unserer Schule ist das Interesse an einem Austausch groß, so können fast alle Briefe an unsere Schülerinnen und Schüler verteilt werden. Ein großes Paket mit den Antworten ist bereits wieder nach Tansania unterwegs. Dieses Mal haben auch die Kinder der 6. Klasse Briefe und Karten für die Massai-Kinder geschrieben und ihre Englischkenntnisse angewendet. Es ist schön zu sehen, dass diese Brieffreundschaften so gut funktionieren und die Briefe mit viel Mühe und Engagement gestaltet werden.
Auch ein Vortrag zu unserer Reise nach Tansania wird gut angenommen und besucht. Weitere Veranstaltungen, vielleicht auch für interessierte Eltern, werden folgen.
Für die Schülerinnen und Schüler der Klassenstufe 6 wird es wieder einen Tansania-Tag geben, um sie mit unserer Partnerschaft vertraut zu machen.
In Zukunft möchten wir den Austausch noch intensivieren und versuchen, kleine Projekte und verschiedene Lernprodukte auszutauschen. Auch haben wir zwei tansanische Lehrer zu einer Fortbildung nach Mayen eingeladen, damit sie sich den Unterricht an unserer Schule einmal vor Ort anschauen können. Die Missionszentrale der Franziskaner in Bonn, die das tansanische Schulprojekt unterstützt und ein wichtiger Ansprechpartner für uns ist, bietet unseren zukünftigen Abiturientinnen und Abiturienten an, nach ihrem Abschluss ein freiwilliges soziales Jahr im Ausland an unserer Partnerschule zu absolvieren. Damit sind die ersten Projekte für das kommende Jahr geplant und lassen sich sicherlich Schritt für Schritt ausweiten. Wir sind gespannt!

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R. Reuter und F. Stoll-Berberich