Schweigeweg in Mayen - Gedenken an die Opfer der Reichspogromnacht

„Das ist schon peinlich, dass wir nicht wissen, wo die Stätten des jüdischen Lebens in Mayen sind.“ - So unangenehm berührt reagierten Schülerinnen des Megina-Gymnasiums, als sie ihre Station für den Schweigeweg vorbereiteten. Am Ende der Veranstaltung zeigten sie sich alle positiv überrascht.

Trotz widriger Wetterverhältnisse - kräfigem Regen und stürmischem Wind - versammelten sich gut zweihundert Mayener Bürger, darunter auffallend viele Jugendliche, am 09.11.2010 auf dem Marktplatz. Die Vorsitzende des christlich-jüdischen Arbeitskreises, Heidi von Krosigk, und die Oberbürgermeisterin Veronika Fischer haben bei der Gedenkveranstaltung zur Reichspogromnacht dazu aufgerufen, die Verbrechen während der Zeit des Nationalsozialismus nicht zu vergessen, sondern stattdessen sich aktiv mit ihnen auseinanderzusetzen.

Der Schweigeweg führte von der ehemaligen Jüdischen Synagoge zur Gedenkstätte im Nettetal. Im Entenpfuhl präsentierten Schüler des Megina-Gymnasium unter Anleitung von Frau Berg und Frau Schumacher den Bericht eines Zeitzeugen, der drei Häuser entfernt gelebt und den Brand der Synagoge als Zehnjähriger miterlebt hat. Danach trugen zwei Schülerinnen ein Gedicht gegen das Vergessen vor, „Ahnung“ von Günter Weisenborn. Nachdem die Big-Band unter der Leitung von Herrn Schlaf die Titelmusik zum Film „Schindlers Liste“ spielte, hatte der Himmel endlich ein Einsehen und der Regen ließ nach. Nach dieser anrührenden musikalischen Begleitung ging es weiter zur ehemaligen Jüdischen Schule „Im Hombrich“. Schülerinnen der St. Veit-Schule präsentierten zusammen mit Herrn Rubröder Bedenkenswertes zum Schulgebäude und zum Leben des Lehrers Albert Levi. In der ehemaligen Judengasse, der heutigen Kirchgasse, hielt Frau Heidger vom Caritasverband Rhein-Mosel-Ahr eine nachdenkliche Lesung. Auf dem Jüdischen Friedhof an der Waldstraße trugen Pastorin Steinau und Pfarrer Veit einige Gedanken zu den jüdischen Bestattungsriten und zum Kaddisch vor. Besonders eindrucksvoll ist das Vortragen des „Totengebets“ durch ein Mitglied der jüdischen Gemeinde in Erinnerung geblieben. In stimmungsvolles Licht wurde das Mahnmal in der Bürresheimer Straße getaucht, als viele Teilnehmer zum Gedenken an die Opfer Kerzen anzündeten. Danach erläuterte Frau Weinert-Velten vom christlich-jüdischen Arbeitskreis, die zudem die einzelnen Stationen moderierte, zusammen mit Schülern der Elisabeth-Schule die Symbolik des Mahnmals. Mit einer gemeinsamen Schweigeminute endete der Schweigeweg.

 Anschließend wurden von Frau Oberbürgermeisterin Veronika Fischer alle Teilnehmer in die Heilig-Geist-Kapelle eingeladen. In der voll besetzten Kapelle sang der Chor des Megina-Gymnasiums unter der Leitung von Frau Mittmann und Gerd Schlaf am Keybord den Gospel „Go down Moses“. Danach erinnerten Pastorin Steinau und Pfarrer Veit mit Jugendlichen aus dem Dekanat Mayen-Mendig mit Texten und Fürbitten an die Opfer, symbolisiert durch brennende Kerzen. Mit dem Bonhoeffer-Lied „Von guten Mächten wunderbar geborgen“ fand die Gedenkveranstaltung ein stimmungsvolles Ende.

Foto: Wilfried Eckart

Dies gab Frau Oberbürgermeisterin Fischer Anlass allen Beteiligten ihren herzlichen Dank auszusprechen und jedem „Shalom“ zu wünschen. Mit dem Wunsch “Wenn nächstes Jahr wieder eine so große Beteiligung von Jugendlichen erfolgen wird, dann sind wir alle dem Ziel ein Stück weit näher gekommen”, schloss sie den diesjährigen Schweigeweg.

 Ulrike Berg/Ilse Schumacher