Eik-Leon Henigin erreichte die letzte Runde des Wettbewerbs - ein Erfahrungsbericht

Bei Olympiade denken die meisten Leute wahrscheinlich erst einmal an die Olympischen Spiele, wie die Winterspiele in Peking dieses Jahr.

ChemieOlympiade 2018

Was eine Chemie Olympiade ist, wissen dagegen die wenigsten. Wie so eine Olympiade abläuft und welche Erfahrungen ich dabei gemacht habe, möchte ich euch im Folgenden berichten.
Für mich begann der Weg Ende der 12. Klasse. Wie den meisten Schülern war mir die Existenz der naturwissenschaftlichen Olympiaden durchaus bekannt und der Gedanke einmal daran teilzunehmen erschien mir durchaus reizvoll. Da endete mein Interesse jedoch leider schon, denn bis zuletzt fand ich nie die Motivation, diesen Gedanken selbstständig in die Tat umzusetzen - die Bearbeitung der ersten Runde, die in der Regel eine recht zeitaufwändige Heimarbeit ist und Voraussetzung für eine weitere Qualifikation darstellt, schreckte mich stets ab.
Zu meinem Glück brummte uns Frau Hagedorn jedoch die Aufgaben der ersten Runde als benotete Hausaufgabe auf und so kam es, dass ich meine letzte Chance an einer Olympiade teilzunehmen, dann gezwungenermaßen doch noch nutzte.

Die 1. Runde bestand aus 5 theoretischen Aufgaben, die in Heimarbeit zu lösen waren. Hilfsmittel wie Internet, Fachliteratur oder auch die freundliche Nachfrage beim Lehrer waren erlaubt. In meinem Fall bediente ich mich hauptsächlich ersterem, wobei eine ausgeklügelte Taktik von ziemlich zielloser Stichwort-Recherche zum Einsatz kam, die nach geschätzten 15 Arbeitsstunden zuzüglich der Ausformulierung in Schönschrift dann letztlich zu einer fertigen Hausaufgabe führten. Die Abgabe erfolgte gegen Ende August, wobei schon kurze Zeit später von Frau Hagedorn die erfreuliche Nachricht kam, dass die für die Qualifikation zur 2. Runde nötigen 50% Lösungserfolg von meinem Mitschüler Marvin May und mir erreicht wurden.

Weiter ging es mit der 2. Runde in Form einer dreistündigen Klausur, die Anfang Dezember von Marvin und mir geschrieben wurde. Der erste Schock über die Tatsache, dass es sich um 26 Blätter handelte, die da gerade vor uns lagen, wich schnell einer belustigten Verzweiflung, die einen jedoch eher locker an das ganze rangehen ließ - zu verlieren hatte man ja nichts.
Die Aufgaben der Klausur waren mitunter mit Schulwissen zu lösen, gingen jedoch stellenweise deutlich über das hinaus, was im Unterricht abgedeckt werden kann. Als Hilfestellung dienten die Ende Oktober veröffentlichten Schwerpunktthemen und Übungsaufgaben, welche tatsächlich den ein oder anderen zusätzlichen Punkt ermöglichten.
Als Qualifikationsgrenze für die 3. Runde diente diesmal keine feste Punktegrenze, sondern die bundesweite Platzierung. Für gewöhnlich erhalten die 60 Besten der 2. Runde eine Einladung.

Kurze Zeit später erreichte Marvin und mich ein Brief vom Förderverein der Chemie Olympiade, dass wir es unter die 15 besten Teilnehmer der 1. Runde aus Rheinland-Pfalz und dem Saarland geschafft hatten und aus diesem Grund zu einem Landesseminar eingeladen seien - einem viertägigen, wettbewerbsunabhängigen Seminar. Wir nahmen beide die Chance wahr und fuhren somit Mitte Februar nach Kaiserslautern.
Dort erwarteten uns neben kleineren theoretischen Einheiten und Führungen durch die chemischen Fachbereiche der Uni auch zwei Laborsynthesen, die in Zweiergruppen durchgeführt werden durften. Betreut wurde das Ganze von ehemaligen Teilnehmern der Olympiade, wobei die Stimmung durchweg angenehm locker war.
Die Abende wurden meistens mit Gesellschaftsspielen gefüllt und so ergab sich die Gelegenheit, die anderen Teilnehmer kennenzulernen und durchaus die ein oder andere Freundschaft zu knüpfen.
Im Gesamten war das Landesseminar eine schöne Erfahrung und ich kann jedem, der eingeladen wird, nur empfehlen daran teilzunehmen - insbesondere für die weiteren Runden oder erneute Teilnahmen in den nächsten Jahren ist es ein schöner Bonus, so schon Kontakte geknüpft zu haben.

Anfang Februar fand sich dann unerwartet die frohe Botschaft, in die 3. Runde gekommen zu sein, in meinem Postfach. Ich meldete mich zügig an und circa einen Monat darauf saß ich im Zug nach Göttingen, dem alljährlichen Austragungsort der einwöchigen 3. Runde.
Untergebracht waren wir in einer Jugendherberge, in der auch die Vorbereitungsseminare abgehalten wurden. Dabei gab es jeden Tag zwei verschiedene Vorträge, die im Laufe der Woche beinahe alle Themengebiete der Chemie kurz anrissen und teilweise auch Ausflüge in die Mathematik, Physik oder Biologie bereithielten. Die Vorträge wurden von ehemaligen IChO (Internationale Chemie Oympiade)- als auch IPhO (Internationale Physik Olympiade)-Teilnehmern gehalten und waren im Gesamten recht interessant gestaltet. Dazu gab es Skripte, um, falls gewollt, den Stoff im Nachhinein nochmal für die beiden vierstündigen Klausuren zu wiederholen. Diese wurden jeweils am Anfang und Ende der Woche geschrieben und orientierten sich stellenweise an den behandelten Themen, sodass man, insbesondere in der zweiten Klausur, nicht ganz so hilflos dasaß, wie man es erwartet hatte.
Aufgelockert wurde die Woche durch großzügige Mittags- und Kaffeepausen sowie witzige Gespräche mit den Zimmergenossen, die ich in meinem Fall schon vom Landesseminar kannte und mit denen ich mich schnell sehr gut anfreundete.
Die 3. Runde war eine lohnenswerte Erfahrung, die besonders interessant für diejenigen sein mag, die über einen weiteren Weg in der Chemie nachdenken, da man einen guten Einblick in die Herausforderungen eines Chemiestudiums geboten bekam.

Ende Mai fand dann die 4. und letzte Runde in Kiel statt, zu der die 15 Besten der 3. Runde eingeladen wurden. Diesmal stand beinahe ausschließlich praktisches Arbeiten auf dem Programm, da es neben der fünfstündigen theoretischen Klausur auch eine praktische Klausur zu bezwingen galt. Während den Übungen konnte man aus über 30 verschiedenen Experimenten frei wählen, was es ermöglichte auf die eigenen Schwächen individuell einzugehen und somit auch bei fehlender praktischen Erfahrung schnell mit den benötigten Techniken vertraut zu werden. Die Betreuer standen dabei mit Rat und Tat zur Seite, sodass aufkommende Fragen nie lange unbeantwortet blieben.
Neben den Übungen gab es zudem einen Ostseeausflug und abends hatte man die Möglichkeit nach Belieben durch Kiel zu streifen, was einen guten Ausgleich zur Laborarbeit bot.
Leider bin ich mit dem 5. Platz knapp an einem Platz im vierköpfigen Nationalteam vorbeigerutscht, habe jedoch als Trostpreis ein Praktikum in Nashville (USA) bekommen, auf das ich mich schon sehr freue.

Rückblickend bin ich wirklich froh von Frau Hagedorn zur Bearbeitung der 1. Runde "motiviert" worden zu sein und kann jedem naturwissenschaftlich interessierten Schüler nur dringend ans Herz legen, an Wettbewerben dieser Art teilzunehmen. Neben den interessanten Erfahrungen und vielen Bekanntschaften, die man macht, gibt es auch Preise wie Buchgutscheine, Einladungen zu Landesseminaren, Schnupperpraktika, Auslandspraktika und für die besten sogar Stipendien zu gewinnen. Und da sämtliche Kosten der 3. und 4. Runde übernommen werden, hat man wirklich nichts zu verlieren.

Mehr Infos zum Ablauf, den Preisen etc. gibt es auf den offiziellen Seiten der Olympiaden oder der jeweiligen Fördervereine.

Bei Fragen zur Chemie Olympiade stehe ich euch gerne zur Verfügung, meine Mail-Adresse könnt ihr bei Frau Hagedorn erfragen.

Eik-Leon Henigin